5. Folge – Klimascheinlösungen

In unserer fünften Folge unserer Serie „Pflanzenglück – ein Klimapodcast rund um die vegane Lebensweise“ geht es heute um das große Thema Klimascheinlösungen und einem dazu veröffentlichten Positionspapier.

Herzlich willkommen zu unserer 5. Folge unseres Podcasts „Pflanzenglück“. Es ist schön, dass Du wieder reinhörst. Mein Name ist Benita und ich darf heute für unseren Verein vegan4future e.V. diesen Podcast sprechen. Wir sind begeistert von der Resonanz auf unser Projekt. Um uns mit Dir direkt austauschen zu können, haben wir eine Facebook-Seite erstellt. Du findest uns unter dem Namen 4future-podcast. Wir freuen uns über jedes Like und Deine Kommentare.

Heute möchte ich über ein aktuelles Positionspapier sprechen – welches wir mit der Arbeitsgruppe Klimascheinlösungen der „Klimagerechtigkeitsbewegung“ und anderen Organisationen als vegan4future e.V. unterzeichnet haben. Gerade jetzt, wo es Sondierungsgespräche und Koalitionsverhandlungen geben wird, werden uns viele Lösungen für die Klimakatastrophe vorgeschlagen. Für eine Krise in der wir übrigens schon lange drin stecken. Damit Du diese Vorschläge sortieren kannst, möchte ich heute über die Klimascheinlösungen berichten. Manche Lösungen werden in der Öffentlichkeit vorgestellt als „Die einzige und wahre Lösung, die niemandem schadet und unseren wirtschaftlichen Erfolg beflügeln wird. Es muss jedem klar sein, dass es diese eine Lösung nicht gibt. Wir kommen nur mit verschiedenen Lösungen ans Ziel – aber alle Lösungen haben eines gemein: wir müssen unser Leben und unsere Überflussgesellschaft dringend überdenken.

Aber als kleine Einführung: Worum geht es?

Kurz vor der Bundestagswahl haben viele politische Parteien versucht, sich einen grünen, nachhaltigen Anstrich zu geben und schlugen die unterschiedlichsten Wege vor, die angestrebten Klimaziele zu erreichen. Was die einzelnen Vorschläge aber bedeuten und was wirklich dahintersteckt, haben die Autor:Innen mit vielen Hintergrundfakten erarbeitet und in einem Positionspapier dazu veröffentlicht. Ich gehe auf den Text ein und lese ihn für Euch vor, das komplette Papier könnt Ihr auf unserer Internetseite 4future-podcast.de finden – mit allen dazugehörigen Verlinkungen.

Sehr zu empfehlen ist aber auch die eigens dafür geschaffene Webseite: www.Klimascheinloesungen.de. Hier könnt ihr Euch ausgiebig informieren.

Mit folgender Einleitung beginnt das Positionspapier:

Für klimagerechte Lösungen!

Es gibt viele gute Möglichkeiten, die Klimakrise anzugehen – und ähnlich viele Vorschläge, bei denen Vorsicht oder sogar Widerstand nötig ist. Die hier zusammengestellte unvollständige Auflistung von „Klimascheinlösungen“ reichen von Atomkraft über Offsetting bis hin zu Wasserstoff.

Scheinlösungen dienen häufig als grüne Beruhigungspille, um weiter machen zu können wie bisher. Manche bergen das Risiko ungeahnter Katastrophen, wie im Falle von Geoengineering. Viele Scheinlösungen machen die Welt zu einem noch ungerechteren Ort, indem sie Kolonialismus und Ausbeutung fortführen.

Andere mögen ein Schritt in die richtige Richtung sein: Teillösungen, die im geplanten Ausmaß jedoch schädlich sind oder als vollumfängliche Heilsbringer kommuniziert werden, obwohl sie das alleine nicht leisten können. Viele lenken von tatsächlich klimagerechten Lösungen ab, indem sie Kapazitäten und Gelder binden sowie unrealistische Hoffnungen schüren.

Fast allen ist gemein, dass sie aus der Idee eines „grünen Wachstums“ geboren sind, welches durch neue Märkte, scheinbar unbegrenzte „Natur“ und noch nicht existierende Technologien geschaffen werden soll. Zahlreiche Studien zeigen jedoch, dass diese Hoffnungen unrealistisch sind, da Wirtschaftswachstum immer mit Naturverbrauch einher geht.

Wir wollen die Scheinlösungen für die Klimakrise entlarven und uns für klimagerechte Lösungen einsetzen. Denn so nötig es ist, dass die Menschen die Erderhitzung auf eine gerechte Art bewältigen, so gefährlich kann Klimapolitik sein, wenn sie den Interessen einzelner dient.“

So weit die Einführung. Zum ersten Kapitel, kommen mir schon viele Gedanke dazu. Unter der Überschrift Atomenergie heißt es: „Auch wenn die CO2-Emissionen durch Atomkraft im Vergleich zu fossilen Energieträgern gering sind, überwiegen bei dieser Technologie die Nachteile und Risiken. Nach sechs Jahrzehnten Atomkraft sind hunderttausende Tonnen strahlender Müll angehäuft, ohne dass eine Lösung dafür in Sicht ist: Kein Land der Erde hat bisher ein Endlager in Betrieb genommen.

Risiken sind Reaktorunfälle, die Möglichkeit, die Spaltprodukte für Kernwaffen zu Nutzen, sowie die lokalen Belastungen beim Uranbergbau, die vor allem Menschen im globalen Süden und indigene Gemeinschaften betreffen.

Selbst die von der Atomlobby seit Jahrzehnten versprochenen neuen Reaktortypen sind zu teuer und gefährlich.“

Mein Kommentar dazu: Für mich persönlich kommt die Lösung „Atomernergie“ überhaupt nicht in Frage. Der CDU-Kanzlerkandidat Laschet sagte in einer Bürgerbefragung im ZDF: Erst hätte man aus der Kohle aussteigen sollen und dann aus der Atomenergie. Das würde bedeuten, dass wir nach Willen der CDU/CSU aus der Kohle erst 2038 und dann viel später aus der Atomenergie aussteigen sollten. Das ist natürlich völliger Unsinn. Alle die sich nun wieder für die Atomenergie, als neutralen CO2 Energieträger aussprechen und von völlig neu entwickelten Kraftwerken sprechen, haben keine Lösung für die Entsorgung des Atommülls.

Unter dem Sammelbegriff Bioenergy with Carbon Capture and Storage (BECCS) steht:

„Die negative Emissionstechnologie BECCS bezeichnet ein Verfahren der CO2 Abscheidung und -Speicherung: Biomasse wird in industriellen Prozessen verbrannt, um das dabei entstehende CO2 anschließend abzuscheiden und zu speichern. BECCS ist in allen Klimaprognosen des IPCC enthalten, ohne Sicherheit, dass es in der geplanten Größenordnung umsetzbar ist.

 Für die Monokultur-Plantagen würden enorme Flächen, tausende neue CCS-Anlagen, Unmengen von Wasser und chemischen Düngemitteln benötigt. Dies zöge Biodiversitätsverlust, Nahrungsmittelkonkurrenz und Landkonflikte nach sich.“

Zu dieser BECCS Technik gehört:

Biokohle / Terra Preta

„Biokohle entsteht durch sauerstoffarme Erhitzung von Biomasse. Terra Preta ist eine lang genutzte Technik, um Böden zu verbessern und Kohlenstoff in der Erde zu speichern. Es ist wissenschaftlich noch unklar, wie dauerhaft diese Speicherung ist. Problematisch wird Terra Preta erst in Form der angedachten großflächigen Strategie zur CO2-Speicherung (siehe Negative Emissionstechnologien) und als Kompensationsmechanismus (siehe Offsetting). Hierbei stellt sich die Frage, woher die viele Biomasse kommen soll und wie die Berechnungen stattfinden.“

Bioökonomie

„Bioökonomie ist ein Sammelbegriff für Ansätze, die die Transformation der Wirtschaft von fossilen Ressourcen hin zu biobasierten anstreben. Häufig setzen diese jedoch nur auf den Ersatz der Energie und Materialien. Dabei wird nicht beachtet, dass auch die biobasierten Ressourcen endlich sind, also kein ungebremstes Wachstum ermöglichen. Auch Biotreibstoffe und Biomasse sind nicht per se klimaneutral, sondern verbrauchen Land und Energie.“

Biotreibstoffe / Agrartreibstoffe

„Agrartreibstoffe – also Biodiesel (aus Raps, Palmöl, Soja, Jatropha etc.) und Bioethanol (aus Zuckerrohr, Mais, Zuckerrübe, Maniok etc.) – gelten als Lösung im Transportsektor.

Besonders problematisch sind Agrartreibstoffe der ersten Generation, da sie in Konkurrenz zur Lebensmittelerzeugung stehen und häufig Abholzung von Regenwäldern, Land Grabbing (Landraub) und sogar erhöhte Emissionen zur Folge haben. Die zweite Generation wird erzeugt aus Materialien wie Holzabfällen, Stroh, Hackschnitzeln, Algen oder Altspeiseöl, ist aber nur in geringem Ausmaß vorhanden.

Wirklich nachhaltige Biotreibstoffe können darum nur einen geringen Bedarf decken, sind also kein Treibstoffersatz für sämtliche Transportmittel.“

Eine Anmerkung von mir: I, ich halte das Tanken von Biokraftstoff für falsch da es mir von Anfang an suspekt war, Bioanteile in Treibstoff umzusetzten, dafür Regenwald abzuholzen und auch noch den Hunger vieler Menschen nicht stillen zu können. Wir können genug Lebensmittel produzieren – Berechnungen sagen, auch für 10 Milliarden Menschen), wenn nicht die Hälfte der Anbaufläche für Tierfutter und Ökotreibstoff draufgehen würde und wir nicht dazu noch Millionen von Tonnen produzierte Lebensmittel wegschmeißen würden.

Unter dem Titel: Carbon Capture and Storage (CCS) heißt es:

„Die negative Emissionstechnologie CCS umfasst die Abscheidung von CO2 aus Industrieabgasen und dessen Speicherung in unterirdischen Lagerstätten. Die intensive Nutzung von CCS wird als grundlegend für die Bewältigung der Klimakrise eingeplant.

CCS legitimiert jedoch auch die Fortführung Fossiler Industrien. Die Verfahren sind energieintensiv, kostspielig, werden stark staatlich gefördert und sind mit Risiken verbunden, z. B. Auswirkungen auf das Grundwasser und Lecks, aus denen das CO2 wieder entweicht.“

Carbon Capture, Utilization and Storage (CCUS) „umfasst eine Reihe von Technologien, die meist noch in der Forschungsphase Stecken. Die Idee ist, dass das CO2  von Industrieanlagen oder aus der Atmosphäre für die Produktion neuer Materialien wie Baustoffe, Plastik oder Fels verwendet wird. Dies kann einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leisten, ist jedoch nicht per se als Klimaschutztechnologie anzusehen und dient ebenso zur Legitimation der Fortführung fossiler Aktivitäten. Aktuell liegt der Bedarf an CO2 als Rohstoff bei weniger als 1 % der jährlichen Emissionen.  Zudem ist fraglich, welche Materialien aus dem CO2 kreiert werden, wie sinnvoll und umweltfreundlich diese sind und wie langfristig sie wiederum die Emissionen binden.“

Climate Smart Agriculture (CSA) „ist ein breiter Sammelbegriff für Strategien, die landwirtschaftliche Produktivität erhöhen, Ernährungssysteme klimaresilient (widerstandsfähig) machen und Treibhausgas-Emissionen reduzieren sollen. Problematische Ansätze wie technologisch intensivierte Landwirtschaft, Gentechnik und Chemische Düngemittel sind nicht davon ausgenommen. Es geht dabei zu wenig um eine sozial-ökologische Transformation der Landwirtschaft in Richtung Ernährungssouveränität, regionale Kreisläufe, Agrarökologie und Abschaffung der Tierindustrie.“

Digitalisierung wird mit der Hoffnung auf „Dekarbonisierung“ und „Dematerialisierung“ verbunden: Es wird angenommen, Digitales brauche weniger Material und Energie. Dies ist jedoch hinreichend widerlegt, so sind die ökologischen Auswirkungen der aktuellen Digitalisierung verheerend. Eine Neuorientierung ist dringend nötig. Chancen bieten sich z. B. beim Ersatz von Flügen durch Online-Konferenzen, bei Plattformen für öffentlichen Verkehr und dem Teilen von Gütern und Dienstleistungen. Gleichzeitig treibt Digitalisierung den Überkonsum an. So führt die dadurch ermöglichte Effizienz zu „Rebound-Effekten“ (also mehr Produktion/Konsum) und der elektrische Energiebedarf wächst. Dabei werden Überwachung und Ungerechtigkeit oft verschärft, sowohl im Globalen Norden als auch im Globalen Süden.“

Direct Air Capture (DAC) „DAC bezeichnet negative Emissionstechnologien (s. u.), die Treibhausgase durch chemische und mechanische Prozesse aus der Atmosphäre entziehen. Diese sind sehr energie- und ressourcenintensiv und derzeit nicht wirtschaftlich. Zudem bleibt die Frage, was mit dem CO2 anschließend passieren soll (siehe CCS, CCUS)“

Effizienz im Gebäudesektor

„Der Fokus auf Energieeffizienz im Gebäudebetrieb ist keine hinreichende Strategie für eine nachhaltige Transformation im Bausektor. Mit dem Argument der Effizienz wird häufig der Neubau von Häusern legitimiert, denn es heißt, bestehende Gebäude hätten einen hohen Energieverbrauch und vermeintlich teure Sanierungskosten.

Die sogenannte graue Energie und die grauen Emissionen, welche bei der Herstellung der Baustoffe, beim Bau selbst und beim Transport anfallen, die Umweltauswirkungen von Flächenverbrauch, Zersiedelung und Abriss werden dabei bisher nicht berücksichtigt.

Stattdessen müsste die Entscheidung zwischen Sanierung und Neubau von der Gesamtsumme aller Emissionen, Ressourcenverbräuche und Umweltwirkungen abhängig gemacht werden. Ergibt es auch aus ökologischer Sicht keinen Sinn, ein Gebäude zu sanieren, sollten die intakten Bauteile und Baustoffe rückgebaut und erhalten werden. Suffizienz, also z. B. flächen- und zeiteffiziente Nutzungskonzepte in gut ausgelasteten Gebäuden, sollte mehr Beachtung finden, weil Energieeffizienz nur ein kleiner Baustein einer umfassenden Bauwende sein kann.“

Und jetzt kommen wir zu dem Reizthema der Medien: Elektroautos

„Die vermeintliche Klimalösung im Straßenverkehr lautet, Verbrennermotoren durch E-Autos zu ersetzen. Es handelt sich dabei um eine Antriebswende, keine Verkehrswende: „Auto-Mobilität“ wird nicht in Frage gestellt, trotz ihrer Schattenseiten (Ressourcenverbrauch, Platzverbrauch, Verkehrstote, Kosten, Zugang).

Abgesehen vom Strombedarf benötigen E-Autos in der Herstellung endliche und seltene Ressourcen. E-Mobilität ist dennoch ein Baustein der Verkehrswende: als elektrisch betriebener öffentlicher Verkehr und weil Menschen auf dem Land teilweise weiterhin auf motorisierten Individualverkehr angewiesen sein werden. Eine Verkehrswende umfasst jedoch auch Tempolimits, Reduzierung der Fahrzeugzahlen und -größen, der benötigten Fahrten, sowie der benötigten Energie.“

Und nun kommen wir zum modernen Ablasshandel, dem Emissionshandel:

„Der Emissionshandel ist ein Markt für Verschmutzungszertifikate: Unternehmen in den Wirtschaftssektoren, die zur Teilnahme am Emissionshandel verpflichtet sind, müssen für jede Tonne CO2, die sie ausstoßen, ein Zertifikat vorweisen. Die Gesamtmenge der verfügbaren Zertifikate sinkt von Jahr zu Jahr. Beim EU-Emissionshandel ETS werden bisher fast die Hälfte der Zertifikate frei vergeben, was einer Subventionierung der exportorientierten fossilen Industrie gleicht. Obwohl der ETS seit 2005 besteht, hat er bisher kaum funktioniert. Erst seit Kurzem zeigt er durch Anpassungen und höhere Preise (ca. 55 €/Tonne) gewisse Lenkungswirkung.

Emissionshandel ist offen für Spekulation, die schwankenden Preise bieten wenig Planungssicherheit. Es stellt sich die Frage, ob statt eines Handelsinstruments, mit dem man sich von der Verantwortung freikaufen kann, nicht feste Limits für Verschmutzung sinnvoller wären.“

Erdgas

„Erdgas wird als „Brückentechnologie“ bezeichnet, ist aber ebenso wie Kohle und Öl ein fossiler Brennstoff und ein Brandbeschleuniger der Klimakrise. Bei der Verbrennung entsteht zwar weniger CO2 pro KWh, dafür entweicht bei Förderung und Transport des fossilen Gases das noch viel Klimaschädlichere Methan.

Flüssigerdgas (LNG) wird oft durch Fracking gewonnen, was durch den Einsatz von Chemikalien Böden und Grundwasser gefährdet und teilweise Land Grabbing in indigenen Gebieten zur Folge hat. Der Ausbau von Gasinfrastruktur bremst die Energiewende hin zu 100 % Erneuerbaren und zementiert die fossile Infrastruktur auf Jahrzehnte.“

Exklusive Naturschutzgebiete

„Naturschutz ist aus Klima- und Biodiversitätsgründen wichtig, und das proklamierte Ziel, 30 % der Erde unter Schutz unter Schutz zu stellen, prinzipiell sinnvoll. Gefahr besteht jedoch vor allem im Ansatz „Naturschutz ohne Menschen“, insbesondere in Ländern des globalen Südens, wo häufig traditionelle Landrechte nicht anerkannt sind. In dieser Situation können Naturschutzgebiete zu Menschenrechtsverletzungen wie Vertreibungen führen. Kommunale Landrechte müssen daher auch im Naturschutz zentral sein. Hinter dem aktuellen Interesse an Naturschutz und NBS stehen unter anderem fossile Konzerne In einer Allianz mit gewissen NGOs, womit häufig Greenwashing und der Bedarf an Offsetting-Flächen (s. u.) verbunden ist.“

Geoengineering

„Geoengineering ist ein Sammelbegriff für technologische Eingriffe in das Klima und andere Erdsysteme in großem Maßstab, z.B. Aerosol-Einbringung in die Stratosphäre, manche negativen Emissionstechnologien oder Düngung der Meere. Geoengineering birgt tiefgreifende ökologische, soziale und Politische Risiken, da mit unzureichendem Wissen in hochkomplexe, lebenswichtige Systeme eingegriffen wird. Es dient der fossilen Industrie und Regierungen außerdem dazu, sofortige Reduktionsmaßnahmen zu verschieben, indem sie auf eine technische Lösung des Problems in der Zukunft hoffen. Zu guter Letzt kann es fast nur von mächtigen Akteuren umgesetzt werden, was große Abhängigkeiten und Gefahren birgt.“

Holzbau

„Das Bauen mit Holz erlebt einen Hype, ähnlich wie das Passivhaus vor rund 20 Jahren. Trotz Klimaschutzpotentialen ist Holzbau nicht automatisch nachhaltig, nur weil der Baustoff dies vermuten lässt. Die Verarbeitung, die Herkunft des Holzes und insbesondere auch die Art der Bewirtschaftung der Wälder sind dabei essenzielle Faktoren. Werden wertvolle Regenwälder oder andere Ökosysteme abgeholzt, ist der Schaden potenziell höher als der Nutzen. Wird das Bauholz nicht in einer Kaskade genutzt und möglichst Demontierbar eingebaut, sondern direkt aufwendig verarbeitet und fest mit anderen Baustoffen verklebt, ist der Beitrag zur Kreislaufwirtschaft gering.“

Und jetzt kommen wir zur “Kostenwahrheit” / Internalisierung externer Kosten

„Viele Ökonom*innen sehen eine Lösung darin, „Natur“ einen Geldwert zu geben, und Ihre Zerstörung einzupreisen — dann würde sich das Problem durch den Markt von alleine Regeln. Das verändert den Blick auf die Natur; die Schädigung von Ökosystemen erscheint berechenbar und finanziell ausgleichbar. Die “wahren Kosten” des Lebens von Orang Utans, der Menschen in Hochwassergebieten oder eines biodiversitätsreichen Regenwalds gibt es jedoch nicht — auch wenn Begriffe wie „Ökosystemdienstleistungen“ und „Naturkapital“ das suggerieren. Sobald Natur als Kapital berechnet und vermarktet wird, ist sie umso leichter privatisierbar.

Welchen Preis eine schädliche Praxis hat, liegt letzten Endes nie an Berechnungen sondern an der politischen Durchsetzbarkeit des Preises — bzw. an hoffentlich demokratischen Aushandlungen. Das Prinzip “The Polluter pays” (der Verschmutzer zahlt) ist dennoch in vielen Fällen sinnvoll, etwa bei der Zahlung von Umweltschäden nach Unfällen (z. B. Öltanker).

Auch Kostensignale sind selbstverständlich wichtig, wenn sie mit einer gerechten Sozialpolitik einhergehen – doch „Kostenwahrheit“ und berechenbares Naturkapital gibt es nicht; stattdessen wären neue Mensch-Natur-Beziehungen wichtig.“

Nature-Based Solutions (NBS)

„Bis zu 37 % der im Pariser Abkommen anvisierten Treibhausgas-Reduktion soll durch NBS erreicht werden können, also durch das Speichern von CO2 in Pflanzen, zum Beispiel durch Waldschutz, Aufforstung, Vernässung von Mooren. Je nach Ausgestaltung können unter diesem Sammelbegriff sinnvolle oder problematische Ansätze enthalten sein. Problematisch ist, dass NBS häufig als Kompensationsmechanismus (siehe Thema Offsetting) verwendet wird. Natur im Globalen Süden soll Emissionen des Nordens ausgleichen, was zu Land Grabbing (Landraub) führen kann und daher als neokolonial kritisiert wird. Die gehäuften Waldbrände oder Waldsterben zeigen, dass diese Kohlenstoffspeicher zudem nicht sicher sind.“

Negative Emissionstechnologien (NET)

„Um Netto-Null Emissionen zu erreichen, verlassen sich inzwischen fast alle Klimaszenarien darauf, dass in naher Zukunft große Mengen an Emissionen der Luft entzogen und irgendwo langfristig gebunden oder gespeichert werden können („Carbon Dioxide Removal CDR“). Noch existieren die Technologien dafür jedoch nicht, bzw. nicht im erhofften Umfang. Einige negative Wirkungen sind absehbar, andere noch schwer abschätzbar. Die Strategie „Jetzt emittieren, später (vielleicht) aufräumen“ ist zudem grundsätzlich riskant. Negative Emissionstechnologien umfassen verschiedene Verfahrensideen (siehe BECCS, Biokohle, CCS, CCUS, DAC und weitere).“

Neue Gentechnik

„Neue Verfahren in der Gentechnik (Genom-Editierung z. B. durch CRISPR/Cas-Verfahren; „Genschere“) haben mehr Anwendungsmöglichkeiten als die bekannten Verfahren. Sie gelten als Lösung zur Bewältigung von Klimakrise und Hunger, z. B. indem trockenheitsresistente Pflanzen oder sogar modifizierte Tiere entwickelt werden. Die Gefahr besteht, dass diese Verfahren trotz fehlender systematischer Risikoprüfung nicht mehr als Gentechnik reguliert werden — und sich die modifizierten Arten damit auf offenen Feldern mit Wildarten mischen könnten. Gentechnik geht fast immer einher mit einem industrialisierten und pestizidlastigen Agrarsystem. Was dabei untergeht, ist die Förderung von natürlichen und erheblich weniger risikobehafteten Züchtungsansätzen sowie agrarökologischen und klimaresilienten Anbaumethoden.“

Offsetting/CO2 – Kompensation

„Offsetting verspricht, Emissionen durch Klimaschutzprojekte anderswo auszugleichen. Individuen können z. B. eine Kompensation für ihren Flug zahlen; aber auch ganze Klimaabkommen wie CORSIA für den Flugverkehr beruhen auf Offsetting. Die meistens im Globalen Süden angesiedelten Projekte (Baumplantagen, Wasserkraftwerke, „Waldschutz“ unter REDD+ …) führen oft zu Landraub oder ökologischen Problemen. Viele Projekte wären auch ohne Offsetting -Zertifikatsverkauf umgesetzt worden; die Emissionseinsparungen existieren damit nur auf dem Papier.“

Ökostrom-Zertifikate

„Der Herkunftsnachweis für Ökostrom (HKN) kann über verschiedene Zertifizierungssysteme gehandelt werden. Ein deutscher Stromanbieter kann z. B. Kohlestrom umetikettieren und als grünen Strom vermarkten, wenn er Ökostrom-Zertifikate aus norwegischer Wasserkraft kauft. Der in Norwegen erzeugte Strom hat nun ein „Kohleetikett“, was bei dessen Vermarktung in Norwegen wenig bis keine Rolle spielt. Dieses Verfahren ist Greenwashing und bremst gemäß einer Studie des Umweltbundesamtes den Ausbau von Erneuerbaren Energien. Die Nachfrage nach Ökostrom könnte um 30 % steigen, ohne zum Ausbau erneuerbarer Anlagen in Deutschland zu führen. Es gibt jedoch auch echte Ökostrom-Anbieter, die eigene erneuerbare Anlagen betreiben und ausschließlich in Ökostrom investieren.“

Sustainable Aviation Fuel (SAF)

„Unter SAF werden Biotreibstoffe (s. o.) oder synthetisch aus Strom hergestellte Kraftstoffe zusammengefasst (E-Fuels). E-Fuels benötigen enorm viel Energie. So müsste derzeit die gesamte deutsche erneuerbare Stromproduktion dazu eingesetzt werden, um das in Deutschland getankte Kerosin mit E-Fuels zu ersetzen.

Zudem reduzieren SAF nur die CO2 – Emissionen. Die Nicht-CO2 -Effekte (wie Wasserdampf, NOx) von Flugzeugen, die 2-4 mal so klimawirksam sind wie das CO2,  bleiben unvermindert bestehen. Eine Reduktion von Flügen, bspw. durch das Ersetzen von Kurzstreckenflügen mittels Bahnverkehr, langsameres Reisen oder die verstärkte Nutzung von Onlinekonferenzen, sind unabdingbar. Sollte zukünftig wirklich nachhaltiges Kerosin produzierbar sein, kann dieses für die wenigen verbleibenden notwendigen Flüge verwendet werden; derzeit dienen SAF jedoch zur Legitimation des Wachstums der Flugindustrie.“

Tiefseebergbau

„Wegen der knapper werdenden Ressourcen an Land, die für eine Bioökonomie und Energiewende bei wachsendem Energiebedarf nötig wären, richtet sich der Blick zunehmend auf die Tiefsee. Auf dem Meeresboden lagern Rohstoffe (z. B. Manganknollen, die Nickel, Kupfer und Kobalt enthalten), welche für Elektrogeräte und den Ausbau erneuerbarer Energien benötigt werden. Der geplante Abbau würde das Ökosystem Ozean nachhaltig schädigen, mit unabsehbaren Folgen. Aus diesem Grund ist es nötig, Tiefseebergbau und die Vorbereitungen dafür zu stoppen.“

Wasserstoff

„Grüner Wasserstoff wird in einem energieaufwändigen Prozess durch Elektrolyse mittels Ökostrom hergestellt. Er kann eine wichtige Rolle für den Klimaschutz Spielen, wird aber absehbar ein knapper und kostbarer Energieträger bleiben. Denn bisher existiert nicht ausreichend Windkraft und Photovoltaik, um den zu erwartenden Bedarf an grünem Wasserstoff zu decken. Aus dem Grund wird zunehmend in Betracht gezogen, Wasserstoff übergangsweise mit fossilen Brennstoffen und Atomkraft (s. o.) herzustellen. Insofern kann der Wasserstoffhype sogar zu mehr Emissionen führen oder Atomkraft zurück auf die Agenda bringen. Darüber hinaus wird der Erhalt und Ausbau der Erdgasinfrastruktur damit begründet, dass diese in Zukunft auch Wasserstoff transportieren könne. Dies ist jedoch ohne umfängliche Nachrüstung nicht möglich und dient maßgeblich dem Vorwand, weiter Erdgas (s. o.) auszubauen.“

Als Fazit schreiben die Autor:Innen:

Für klimagerechte Lösungen

„Die Klimakrise ist die neue Realität. Die hier aufgelisteten Scheinlösungen bergen die große Gefahr, dass sich bestehende Machtverhältnisse verfestigen, fossile Ressourcen weiter verbrannt, ökologische Kipppunkte überschritten werden und unkontrollierbare Katastrophen eintreten. Mit vereinten Kräften kämpfen wir dafür, dass wir stattdessen soziale Kipppunkte erreichen, die eine gerechtere Gesellschaft möglich machen: eine, die innerhalb der Grenzen des Planeten funktioniert und andere Mensch-Natur-Beziehungen ermöglicht.

Wir brauchen eine Wirtschaft, die die Grundbedürfnisse aller Menschen befriedigt – statt zunehmende Profite für wenige und Wachstumszwang. Eine Gesellschaft, in der Einkommen und Vermögen gerechter verteilt, Menschen von unnötiger Arbeit befreit sind und in die öffentlichen Güter investiert wird, die die Menschen für ihr Wohlergehen brauchen.

Es gibt viele effektive Lösungen: Zum Beispiel der konsequente Ausbau lokal angepasster erneuerbarer Energien, die demokratisch verwaltet werden. Autofreie Städte und ein attraktiver öffentlicher Verkehr. Die Umstellung der Agrarindustrie auf Agrarökologie. Die Eindämmung von Werbung und Finanzspekulation. Die Abschaffung von umweltschädlichen Subventionen. Die Förderung von Klima-Jobs und Sorge-Arbeit.

Und nicht zuletzt: die Akzeptanz, dass die Klimakrise ein riesiges Gerechtigkeitsproblem ist. Die Gesellschaften des globalen Nordens haben den größten Teil zu diesem Problem beigetragen, während die des Südens am meisten unter den Folgen leiden. Diese Klimaschulden müssen wir anerkennen. Es braucht Schuldenschnitte, Geldtransfers Und die Bereitstellung legaler Fluchtwege nach Europa — denn Migration ist ein wichtiger Bestandteil der Anpassung an die Erderhitzung.

Es fehlt nicht an zivilgesellschaftlichen und wissenschaftlichen Konzepten zur effektiven Eindämmung der Klimakrise — die gleichzeitig Möglichkeiten darstellen, die Welt gerechter und vielfältiger, sicherer und gesünder, demokratischer und gemeinschaftlicher zu machen. Es gilt, gleichzeitig diese voranzutreiben und Scheinlösungen zu verhindern.“

Wir wollen unabhängig bleiben und finanzieren uns durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Wenn Du also diesen Podcast gut findest und unsere Arbeit unterstützen möchtest, freuen wir uns über jede Spende! Um einen einigermaßen professionellen Podcast zu produzieren, benötigt es einiges an Geld, dazu kommen Lizenz- und GEMA-Gebühren. Alle diese laufenden Kosten müssen wir auffangen – durch Spenden und durch Deine Unterstützung, indem Du unseren Kanal abonnierst und Deinen Freunden vielleicht empfiehlst.

Die Eingangsmusik – die Musik für unseren Podcast „Pflanzenglück“ wurde für uns  von Uwe Schulze aus Buchholz komponiert und arrangiert. Gleich hörst Du noch mal das komplette Stück.

Unseren Verein findest du in Facebook und im Netz unter www.vegan4future.de. Die Folgen unseres Podcastes findest Du nicht nur bei den gängigen Podcastanbietern wie Spotify oder Applemusik, sondern auch auf unserer Seite 4future-podcast.de, dort werden wir auch alle Verlinkungen und Texte auflisten. Und wenn Du uns eine Email schreiben möchtest: Unter hallo@vegan4future.de sind wir für Dich da.

Ich freue mich, wenn Du uns treu bleibst und auch die nächsten Folgen von unserem Podcast „Pflanzenglück“ anhören wirst. Mein Name ist Benita und ich spreche für vegan4future e.V.

Bis zum nächsten Mal!

©vegan4future e.v.

Hier findet Ihr das Originale Positionspapier

Hier geht es zur Webseite der Klimascheinlösungen

Musik: Titelmelodie „Pflanzenglück“ komponiert und arrangiert von Uwe Schulze: https://soundcloud.com/u-schulze